Mit wissenschaftlicher Nüchternheit begegnet Verena Schönhofer der Natur, dem Werden und Vergehen und den Formen, die daraus erwachsen. Den sogenannten Schädlingen, also den Lebewesen, die sich dem Umbau in der Natur widmen, gehört Verena Schönhofers besondere Aufmerksamkeit. Allen voran den Käfern, auch den Holzschädlingen wie dem Buchdrucker und den Termiten. Dann aber transformiert sie ihre Objekte in ein fremdes Material, mit Sorgfalt, Fingerspitzengefühl und stets kritischer Distanz – und mit Humor.
Dr. Martin Ortmeier,
Leitung der niederbayerischen Freilichtmuseen Finsterau und Massing,
Vizepräsident des Kunstvereins Passau
Verena Schönhofer beschäftigt sich tatsächlich mit Käfern. Nicht nur mit ein paar, sondern mit Legionen von Käfern, die sich durch unseren Wald fressen, und das nicht erst seit den 70er Jahren, als das Thema Waldsterben uns über die Medien überhaupt erreichte. Schönhofers Arbeiten stehen optisch mit ihrem Schwarz als größtmöglicher Kontrast zu Kutzkis Weiß, Meisl bildet farblich den Übergang. In diesem Raum fühle ich mich fast wie in einer Kirche, sehe einen Altar hier vor mir, wo unsere Leichtlebigkeit vielleicht geopfert oder ihr gehuldigt wird? Wir konsumieren, also sind wir?
Hier ist die Vorgehensweise eine andere, am Anfang stehe ein bestimmtes Thema und - in diesem Fall: fast selbst wie ein unermüdlicher Käfer - arbeitet Schönhofer sich von verschiedenen Richtungen her immer wieder durch. So läßt sich übrigens von hier der Bogen schlagen, hin zu den anderen anwesenden Arbeiten. Über die Iteration, über Serie, über immer-wieder-von-neuem-Grübeln und um-Ausdruck-ringen lassen sich die drei Künstler auf einen Nenner bringen.
Durch Repetition der gekratzten und gezeichneten Arbeiten ist gerade diese Käferarbeit mittlerweile eine sehr große geworden, es verändert sich immer weiter und frißt sich voran, läßt nicht mehr los und ist wohl noch lange nicht "abgehandelt“. Schönhofer beschäftigt sich aber nicht nur mit der sog. Flachware, sie hat auch aus Kabelbindern und Licht unendlich schöne Käfer modelliert und über lnstallationen mit verschiedenen Objekten eindrucksvolle Szenarien geschaffen. Der Betrachter fängt an zu überlegen, genau wie bei den weißen Bildern; oder zu ergründen, genau wie bei den Spurenbildern. Eigene Erfahrungen entschlüsseln so ein wenig die Welt der sich zeigenden Kunst.
Andrea Unterstraßer, Kunstpavillon
An meinem Koffer hängt noch vom letzten Jahr der Anhänger der Fluggesellschaft, der auf meine Heimatanschrift und den Bestimmungsort verweist. Ich erinnere mich an den Spaziergang am Strand, wie das Meer meine Fußabdrücke einholt, und das Gefühl, als ich sie plötzlich wieder entdeckte. Ich habe Spuren hinterlassen. Vor der Malerei von Verena Schönhofer beschleicht mich nun wieder diese wohltuende Melancholie. Koffer sind ehrlich - sie zeigen Spuren, reiben sich an der Zeit. In fast ursprünglicher Form ist uns der Koffer erhalten geblieben. Moderne Technologie stillt heute unsere Neugierde. Auf dem Bildschirm formieren sich kryptische Zeichen zu abstrakten Bildern röntgengrafischer Flughafenästhetik. Verena Schönhofer gibt uns die Romantik des Geheimnisvollen zurück, sie entmaterialisiert die Funktion und mystifiziert die schnöde Wirklichkeit. Monumentalisierend und verspielt verweist sie auf die Subjektivität des Reisens. Der Koffer wird zum Schlüssel zu unseren Sehnsüchten und zum ästhetischen Medium. Sie bleibt dabei nicht an der Oberfläche, die sie übrigens meisterlich zu behandeln versteht. Ein unbeaufsichtigter Koffer, vergessen, verloren, zurückgelassen. Das Unbekannte, der Wunsch, das Rätsel zu entschlüsseln, und die Ästhetik der Überraschung manifestieren sich in Wachs gegossen und getränkt. Verena Schönhofer gibt den Dingen ihr Universum und bleibt dabei doch persönlich in ihrer ureigensten Realisierung.
Prof. Erich Gohl